PTB: Der richtige Umgang mit Betroffenen

10.10.2024

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Posttraumatische Belastungsstörung

 Der richtige Umgang mit Betroffenen

 „Besonders wichtig ist es, dass Betroffene nach einem traumatischen Ereignis soziale Unterstützung erfahren“

Sind Beschäftigte bei der Arbeit einer Form von Gewalt ausgesetzt, verarbeiten sie das Erlebte unterschiedlich. Eine langfristige Folge extremer Gewalterfahrung kann die Posttraumatische Belastungsstörung sein. Hannah Huxholl, Psychologin bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), erläutert anlässlich der „Woche der Seelischen Gesundheit“, wie Betriebe und Einrichtungen richtig reagieren und welche Unterstützungsmöglichkeiten es von der gesetzlichen Unfallversicherung für Betroffene gibt.

 

Welche Folgen kann eine Gewalterfahrung bei der Arbeit für das Erleben und Verhalten eines Menschen haben?

Hannah Huxholl (HH): Die Erfahrung, bei der Arbeit angegriffen zu werden - sei es mit Worten oder körperlich - kann bei den Betroffenen unterschiedliche Gefühle auslösen. Dazu zählen Angst, ein Gefühl der Hilflosigkeit, Wut oder auch Unverständnis. Solche Erfahrungen können traumatisch sein und zu einer Traumafolgestörung führen, beispielsweise zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung, auch PTBS genannt.

Was genau versteht man darunter?

HH: Eine PTBS kann sich als Folge von einem traumatischen Ereignis entwickeln. Besonders kritisch sind dabei solche Ereignisse, die bewusst von einer anderen Person herbeigeführt wurden. Im Arbeitsleben kann dies beispielsweise der Fall sein, wenn ein Kassierer einen Überfall erlebt, eine Notärztin in der Rettungsstelle mit einem Messer attackiert wird oder eine Pflegekraft sexualisierter Gewalt ausgesetzt ist. Etwas seltener entwickeln sich Traumafolgestörung, wenn das traumatische Ereignis ohne das zielgerichtete Zutun einer Person, also zufällig, entsteht. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn jemand Zeuge oder Zeugin eines schweren Arbeitsunfalls wird.

Wie äußert sich eine solche PTBS bei den Betroffenen?

HH: Eine PTBS kann Wochen oder Monate nach dem eigentlichen Ereignis auftreten. Betroffene können das Ereignis immer wieder durch unerwünschte Erinnerungen oder in Alpträumen durchleben. Beispielsweise können Geräusche und Gerüche sogenannte Flashbacks auslösen. Eine PTBS ist daher auch gekennzeichnet durch Vermeidungssymptome, beispielsweise indem Betroffene bestimmten Aktivitäten und Situationen ausweichen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Menschen, die an einer PTBS leiden, bleiben häufig in einem inneren Alarmzustand und können sehr schreckhaft und reizbar sein oder Schlafstörungen entwickeln. Kurz: Das Krankheitsbild ist vielschichtig.

Welche Faktoren beeinflussen denn, wie dasselbe Gewalterlebnis von unterschiedlichen Personen verarbeitet wird?

HH: Es gibt einige gut untersuchte Schutzfaktoren, die dazu beitragen, dass einige Menschen ein Gewalterlebnis besser verarbeiten können als andere. Besonders wichtig ist es, dass Betroffene nach einem traumatischen Ereignis soziale Unterstützung erfahren, sich schnell sicher und aufgehoben fühlen. Darüber hinaus ist auch entscheidend, dass das soziale Umfeld das Geschehene nicht herunterspielt, sondern die Betroffenheit anerkennt, wahrnimmt und danach handelt.

Was können darüber hinaus insbesondere Betriebe und Einrichtungen tun, um Beschäftigte vor den Langzeitfolgen eines Gewalterlebnisses zu schützen?

HH: Zunächst einmal sollten sie schon präventiv Maßnahmen ergreifen, damit es gar nicht erst zu einem Gewaltereignis kommt: Gibt es eine entsprechende Gefährdungslage, muss dies in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt sein. Sinnvoll ist die Erstellung eines Betreuungskonzepts inklusive Notfallplan. Darin wird unter anderem geregelt, wie nach einem traumatischen Ereignis die Meldekette verläuft, wer sich um die betroffenen Kolleginnen und Kollegen kümmert und wie die Unfallmeldung beim zuständigen Unfallversicherungsträger erfolgt. Da die soziale Unterstützung unmittelbar nach dem Ereignis so wichtig ist, sollte eine Betreuung der Betroffenen bereits im Betrieb beziehungsweise am Unfallort sichergestellt werden. Das kann beispielsweise durch eine betriebliche psychologische Erstbetreuung erfolgen.

Was können konkret Führungskräfte tun, wenn sie eine PTBS bei einem Beschäftigten vermuten?

HH: Führungskräfte können dem oder der Beschäftigten im Gespräch mitteilen, dass sie eine Verhaltensänderung wahrgenommen haben. Sie sollten diese jedoch nicht interpretieren oder bewerten. Keinesfalls sollten Führungskräfte eine Krankheitsdiagnose stellen. Vielmehr geht es darum, den Betroffenen zu signalisieren, dass sie sich um sie sorgen, und ihnen betriebliche Hilfsangebote aufzuzeigen.
Aber nicht nur Führungskräfte, auch Kolleginnen und Kollegen können Betroffene ansprechen und ihre Unterstützung anbieten. Wenn man sich auf gleicher Ebene unterhält, ist ein solch vertrauliches Gespräch manchmal einfacher.

Was tut die gesetzliche Unfallversicherung, um Beschäftigte vor psychischen Gesundheitsstörungen nach einem Gewalterlebnis zu schützen?

HH: Beispielsweise bietet die gesetzliche Unfallversicherung das Psychotherapeutenverfahren an. Wer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ein Gewaltereignis erlebt hat, bekommt so innerhalb von wenigen Tagen professionelle Unterstützung. Die Intervention soll der Entstehung von psychischen Störungen frühzeitig entgegenwirken. Der Durchgangsarzt bzw. die Durchgangsärztin oder der Unfallversicherungsträger leiten die Behandlung ein. Damit die Unfallversicherungsträger den Betroffenen möglichst zeitnah Unterstützungsangebote unterbreiten können, muss der Betrieb dies melden. Wenn nach einem Arbeitsunfall Beschäftigte mehr als drei Tage arbeitsunfähig sind, ist diese Meldung verpflichtend. Aber auch, wenn keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt und dennoch Behandlungsbedarf besteht, kann die Meldung mit dem Einverständnis der Betroffenen erfolgen.

 

Informationen für Arbeitgebende zur Prävention von Gewalt bietet auch die Homepage der Kampagne #GewaltAngehen der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

 

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