Winterdienst – Gesundheitsschutz geht vor

04.12.2023

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Dieser Text stammt von Roland Sommer, Bauhofleiter in Marktredwitz und Mitglied der Vertreterversammlung der KUVB.

Die Winter heute sind insgeseamt nicht mehr so extrem wie noch vor einigen Jahrzehnten, jedoch nimmt die psychische und physische Belastung zu – z.B. dadurch, dass der Verkehr am Morgen immer früher beginnt und das Verkehrsaufkommen weiter steigt. Deshalb beginnen die Einsätze morgens eher und dauern am Abend länger; Räum- und Streugeräte werden inzwischen zu fahrenden Computern, was zusätzlichen Stress für die Fahrer bedeutet.


Aber auch die Belastung bei den Handräumern steigt immer mehr. Sie sind nicht nur den extremen Witterungsverhältnissen, sondern oft auch hohen Minusgraden ausgesetzt. Moderne Sicherheitskleidung kann hier nur teilweise Abhilfe schaffen. Außerdem ist der Personalmangel in den öffentlichen Bauhöfen auch ein großes Thema. Es wird immer schwerer, Personal zu finden, das im Winter bereitwillig Schnee räumt, während alle anderen noch schlafen. Die Bedingungen (wie z.B. Rufbereitschaft an Feiertagen/Wochenenden) schreckt Bewerber ab.


All die Anforderungen unter einen Hut zu bekommen ist nicht leicht. Aber die Gesundheit der Beschäftigten sollte immer an erster Stelle stehen! Ohne ein motiviertes Team geht schließlich gar nichts! Das Arbeitszeitgesetz muss jedoch auch Berücksichtigung finden, wie z.B. durch die Einhaltung der täglichen Ruhe- und Arbeitszeit. Das ist nicht einfach, wenn morgens früher begonnen und abends länger gefahren wird!


Sinnvoll und bewährt ist der Einsatz sogenannter Notdienstbeauftragter. Hier gibt es einen Unterschied zwischen Gemeinden und den Straßen- und Autobahnmeistereien. Denn bei den Kommunen muss der Notdienstbeauftragte vor Ort entscheiden, wie viele Fahrzeuge und Handkolonnen eingesetzt werden. In dieser Situation entsteht aus mehreren Gründen hoher psychischer und physischer Druck. Wenn es beginnt zu schneien oder bei Temperaturen knapp über der Null-Grad-Grenze zu regnen, muss innerhalb kürzester Zeit entschieden werden, wie viele Kollegen und Fahrzeuge nun zum Einsatz kommen. Erschwert wird diese Entscheidung durch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit, da auch die Kosten für Treibstoff, Salzverbrauch und Personal im Blick behalten werden müssen.


Sobald die Straßen geräumt sind, wird geprüft, ob gegebenenfalls bereits mit der Schneeabfuhr oder den Fräsarbeiten begonnen werden muss. Dadurch werden beispielsweise stark frequentierte Straßen schnell wieder verbreitert oder drohenden Unfallgefahren entgegengewirkt. An dieser Stelle deshalb meine persönliche Hochachtung für alle Kolleginnen und Kollegen im Winterdienst. Ein echter Knochenjob, der in der Öffentlichkeit oft wenig gewürdigt wird.

Um dieser Arbeit mehr Aufmerksamkeit zu schenken, hat die Stadt Marktredwitz am 6. Mai 2018 die 1. Nordbayerische Schneepflugmeisterschaft veranstaltet. Diese zeigte den Besucherinnen und Besuchern eindrucksvoll auf, welchen Belastungen die Fahrer ausgesetzt sind. Der Parcours war reellen Situationen im Winterdienst nachempfunden und manchem Zuschauer stockte der Atem, mit welcher Präzision und Geschwindigkeit die Hindernisse gemeistert wurden! Einige Beispiele:

  • Slalom vorwärts und rückwärts (Simulierte Situation: Autos, die auf gegenüberliegenden Straßenseiten versetzt parken sowie ein zugeparkter Wendehammer)
  • Punktgenaues Verschieben von Gegenständen (Simulierte Situation: Genaues Räumen, Erkennen von Randsteinen oder Hindernissen bei eingeschränkter Sicht)
  • Durchfahren einer markierten Engstelle mit nur wenig Platz an den Seiten (Simulierte Situation: Räumen auch in engsten Straßen und Unterführungen)

 

Obwohl das Marktredwitzer Team weder Parcours noch Fahrzeug vorher kannte, holte es den 1. Platz. Das Team durfte nun auf die Teilnahme an der bayerischen, deutschen oder sogar Weltmeisterschaft hoffen.


Durch die Teilnahme der KUVB kamen die Themen Gesundheitsschutz und Prävention ebenfalls nicht zu kurz. Die 1. Nordbayerische Schneepflugmeisterschaft wurde in ein Familienfest integriert, welches von rund 3.500 Gästen und einem großen Presseaufgebot schier überrannt wurde.


Auch der Oberbürgermeister der Stadt Marktredwitz, Oliver Weigel, steht voll und ganz hinter „seinen Winterdienstlern“, wertschätzt deren Arbeit und hat schon persönlich den Prozess von der Alarmierung bis zur Einsatzplanung begleitet. Regelmäßig geht die Stadt Marktredwitz mit Winterdienst-Themen an die Öffentlichkeit, um auch die Verkehrsteilnehmer für die Arbeit der Räumdienste zu sensibilisieren.


Bei Presseterminen, in Pressemitteilungen und in den sozialen Medien werden immer wieder die Punkte genannt, die den Kolleginnen und Kollegen in den Räumfahrzeugen oder den Handräumern den Einsatz ein bisschen leichter machen können:

 

  • Fahrzeuge sollen in engen Straßen am besten immer nur auf einer Straßenseite geparkt werden, damit die andere Seite für den Schneeabraum genutzt werden kann. Außerdem sollen Wendehammer nicht zugeparkt werden, um Rückwärtsfahren zu vermeiden.
  • Falls möglich, ist es auch sinnvoll, auf der topografisch höheren Seite zu parken, sodass die Straßeneinläufe gut freigeräumt werden können. Nur so kann später das Tauwasser gut abfließen.
  • Bitte Verständnis für die Fahrer aufbringen – gerade bei starken Schneefällen oder Blitzeis ist es nicht möglich, alle Straßen zeitgleich befahrbar zu machen. Die Straßen werden nach einem strengen Prioritätenplan geräumt.

 

Wir sind der festen Überzeugung: Wenn man miteinander spricht, lassen sich viele Probleme bereits im Vorfeld lösen und die Bevölkerung wird mehr Verständnis für die Belange des Winterdienstes aufbringen. Und auch das sind Maßnahmen, um die psychischen und physischen Belastungen der Kolleginnen und Kollegen auf ein möglichst niedriges Maß zu reduzieren. 

Um der Bevölkerung wieder zu zeigen, wie anspruchsvoll der Winterdienst ist, haben wir uns 2023 entschlossen, die 1. Bayerische Meisterschaft auszurichten. Dieses Spektakel verfolgten bereits 5.000 Besucherinnen und Besucher – eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Jahr 2018. Bei der Bayerischen Meisterschaft hat sich das Team MAK für die 3. Deutsche Meisterschaft qualifiziert und wurde in Koblenz Deutscher Meister. 2024 geht es dann zur Europameisterschaft, und 2025 richtet die Stadt Marktredwitz die 4. Deutsche Meisterschaft aus.

 

Roland Sommer

Bauhofleiter der Stadt Marktredwitz

 

 

 

 

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